Was ist ein Bautagebuch? Was gehört rein und was kostet es?

Ein Tagebuch für die Erinnerung

Bei dem Begriff des Tagebuchs denken einige vielleicht erstmal an die Jugendzeit, und das tägliche Aufschreiben der Ereignisse und Erlebnisse eines jeden Tages. Beim Bautagebuch geht es natürlich nicht um das, was ein privates Tagebuch ausmacht, Emotionen oder Erlebnisse eines Menschen als Erinnerungen festzuhalten. Aber um Erinnerung geht es tatsächlich doch: Ein Bautagebuch soll die Entstehung eines Bauwerks nämlich so dokumentieren, dass man sich, wenn es darauf ankommt, erinnern kann. Es sollen hier in erster Linie die Fertigstellung einzelner Bauabschnitte und Tätigkeiten, Personalstärke und Materiallieferungen festgehalten werden, mit dem Ziel, sich im Streitfall einfacher erinnern zu können und beweisen zu können, was wann und wie passiert ist. Vor allem geht es aber auch um gegebenenfalls erkannte Mängel oder Fehler bei der Bausausführung.

Wer führt das Bautagebuch?

Üblicherweise führt der Bauleiter oder Architekt das Bautagebuch. Private Bauherren pflegen auch oft gerne ein Bautagebuch als Blog oder kommentiertes Fotoalbum im Internet, jedoch meist ohne technische Details, denn häufig verfügen sie nicht über das Fachwissen, ein Bautagebuch wirklich rechtssicher führen, oder Mängel und falsche Bauausführung erkennen zu können. Dennoch können private Bauherren zusätzlich die Bauphasen ihres Hauses dokumentieren, dies kann nämlich im Streitfall möglicherweise zusätzliche Beweiskraft entfalten, z.B. indem weitere Fotos eines streitigen Umstandes vorgelegt werden. Verpflichtend für den Bauherrn ist das aber nicht.

Was gehört inhaltlich ins Bautagebuch?

Es geht hier um Daten und Fakten des Baugeschehens - also: was war auf der Baustelle los? Planungswünsche oder Ergebnisse von Besprechungen und Abstimmungen werden in der Regel an anderer Stelle, z.B. im Baubesprechungsprotokoll dokumentiert, wenn es erforderlich ist. Das Bautagebuch jedoch muss regelmäßig geführt werden optimalerweise täglich, mindestens aber bei jedem Baustellenbesuch durch den Architekten oder Bauleiter. Eine Baustellenbegehung sollte bei einer "aktiven" Baustelle, also bei einer Baustelle, bei der Handwerker vor Ort sind, zwei bis drei Mal wöchentlich stattfinden, wenn es es ein kleineres Bauvorhaben ist. Eine rechtliche Vorgabe dazu gibt es jedoch nicht.
Je kürzer die Abstände der Berichte im Bautagebuch sind, desto eher lässt sich eine disziplinierte und gewissenhafte Arbeit des Bauleiters erkennen. Dadurch gewinnt das individuelle Bautagebuch dann an Gewicht als eventuelles Beweismittel in einem Rechtsstreit.

Stichwortartig können folgende Inhalte als wichtig für eine vollständige Dokumentation durch den Bauleiter herausgestellt werden:

  • Angaben zur Bauprojekt und zum Auftraggeber (z.B. Einfamilienhaus der Familie Müller).

  • Datum des Eintrags, Uhrzeit und Dauer der Begehung.

  • Wetter, Temperatur und Niederschlag: vor allem dann, wenn die Witterung Einfluss auf den Baufortschritt haben könnte, wie Frost oder Sturm, niedrige oder hohe Termperaturen wenn Beton verarbeitet werden soll.

  • Angaben zum allgemeinen Leistungsstand und Baufortschritt und dessen Vergleich mit den geplanten Abläufen. Ist der Bauablauf im Zeitplan? Falls nicht werden die Verzüge dokumentiert.

  • Personen auf der Baustelle: Welche Unternehmen arbeiten aktuell auf der Baustelle? Mit welchen und wie vielen Mitarbeitern sind sie vor Ort tätig?

  • Weitere Anwesende auf der Baustelle: Welche Ingenieure, Planer, Bauprüfer, SigeKo etc. wurden angetroffen?

  • Angaben über genutzte Geräte, Maschinen, ggf. mit Einsatzzeiten, Pausezeiten etc.

  • Angelieferte und verwendete Materialien, und Vergleich dieser Materialien mit den ausgeschriebenen Qualitäten. Angaben über Anlieferungs- und Lagerorte der Materialien.

  • Dokumentation von erkennbaren Baumängeln, Schäden, Störungen oder Abweichungen von der Norm. Möglichst mit Zuordnung dieser Mängel zu den verantwortlichen Firmen oder Ingenieuren.

  • Fotos von allen Änderungen der Baustelle gegenüber der letzten Dokumentation. Besonders Bereiche, die zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr sichtbar sind, wie Elektroinstallation, Fußbodenheizung und Leitungen die später verdeckt werden und nicht mehr einsehbar sind.

  • Anweisungen des Bauleiters (Gebote, Verbote), inklusive der Namen der Empfänger der Anweisung.

  • Termin- und Preisvereinbarungen über Nachträge, also über zusätzlich erforderliche Leistungen, die jedoch bisher nicht im angebotenen Leistungsumfang und Preis enthalten waren.

  • Abnahmen von fertiggestellten Bauabschnitten oder Teilen von Bauabschnitten. Sofern Abnahmen trotz Mängeln durchgeführt werden (durchaus üblich), müssen alle erkennbaren Mängel ohne Ausnahme schriftlich dokumentiert und die Beseitigung im Abnahmeprotokoll vorbehalten werden.

  • Auf der Baustelle übergebene Pläne, Aktualisierungen von Plänen, oder Materialfestlegungen, Bemusterungen.

Es liegt in der Natur der Sache, dass jeder Bericht anders ausfällt, denn das Baugeschehen ist jeden Tag anders. So kann es Tage geben, an denen aufgrund besonderer Umstände quasi Stillstand herrscht und an anderen "brummt die Baustelle" und die Handwerker stehen sich fast gegenseitig im Weg. Dennoch gibt es in den Berichten auch viele sich wiederholende Bestandteile, die dann gerne mit geeigneter Software automatisiert immer wieder übernommen werden.

Ist ein Bautagebuch Pflicht?

Ja, das Führen eines Bautagebuchs ist für den bauleitenden Ingenieur verpflichtend, wenn die Leistung der Bauüberwachung an ihn beauftragt wurde. Wenn also ein Architekt oder ein Bauingenieur mit der Bauleitung beauftragt wurde, so muss dieser nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) das Bautagebuch führen. Als Bauherr haben Sie dann einen Anspruch darauf. Der Bauherr selbst hat diese Verpflichtung nicht, sinnvoll ist eine gute Dokumentation aber trotzdem, selbst wenn auch bereits ein Bauleiter hiermit beauftragt ist. Anderes gilt bei Fertighäusern, oder Häusern aus dem Katalog, wo nur Generalunternehmer oder Bauträger jedoch kein bauleitender Ingenieur übergeordnet tätig wird. Hier gilt die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure in der Regel nicht, und Ihre Vertragspartner sind dann auch nicht zum Führen eines Bautagebuchs verpflichtet. Selbst wenn Ihnen der Bauträger oder Generalunternehmer ein Bautagebuch anbietet, und dieses vertraglich vereinbart wird, können Sie hier nicht damit rechnen, dass dies wirklich in jedem Fall objektiv geführt wird. Denn er selbst ist ja derjenige, der für Mängel und Schäden haftet und wird wohl kaum für ihn selbst belastende Umstände im Bautagebuch dokumentieren.
Ob es sinnvoll ist, in solchen Fällen einen unabhängigen Bauleiter zu engagieren oder zumindest zur Abnahme von Bauabschnitten einen separaten Gutachter hinzuzuziehen, muss im Einzelfall bewertet werden. Oft führt ein externer Bauleiter in solchen Fällen dazu, dass Misstrauen aufgebaut und dann gemauert wird. Aber so, wie der Bauherr es gerne hätte, sondern eher in dem Sinne, dass die Informationsflüsse versiegen. Wer also ein Haus aus dem Katalog bestellt, sollte am besten selbst eine gründliche Dokumentation anfertigen.

Das Bautagebuch selbst begründet übrigens nicht den Anspruch auf Mängelbeseitigung. Dass Baumängel behoben werden müssen, ist auch dann der Fall, wenn diese nicht im Bautagebuch erfasst wurden. Die Dokumentation eines Mangels im Bautagebuch beweist aber, wann dieser Mangel erstmals gesehen wurde, welcher Firma er zugeordnet wurde, welche Maßnahmen zur Beseitigung angeordnet wurden und welche Frist für seine Beseitigung gesetzt wurde.

Was kostet das Bautagebuch?

Hierzu geistern abenteuerliche Zahlen durch das Internet, von 32% der gesamten Architektenkosten nur für das Bautagebuch ist hier die Rede - aber nein! Die Kosten für ein Bautagebuch werden in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure als Teil einer sogenannten "Leistungsphase" aufgeführt. Dabei wird das Bautagebuch nicht kostenmäßig isoliert ausgewiesen sondern nur die Gesamtleistung der Bauüberwachung. Die gesamte Leistungsphase der Objektüberwachung wird mit 32 Prozent von den Architektenkosten angesetzt, also ein Drittel der gesamten Kosten für einen Architekten fallen in der Bauleitung an. Die Kosten für das Bautagebuch für sich alleine genommen werden in der HOAI nicht weiter gesplittet. Es gibt aber Rechtskommentare zur HOAI mit sogenannten Splitter-Tabellen. Diese ermöglichen auch die Berechnung der Kosten einzelner Teilleistungen.

Eine Beispielrechnung: Das Honorar für einen Architekten bemisst sich an den Kosten des Bauwerks und richtet sich nach den Honorartafeln der HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure). Mittlerweile ist die HOAI jedoch nicht mehr bindend, es kann theoretisch auch jedes andere Honorar vereinbart werden. Angenommen aber, es wird die HOAI vereinbart, Ihr Bauwerk kostet 350.000 Euro, befindet sich in einer durchschnittlichen Honorarzone, dann gilt ein Rahmen für das Architektenhonorar von 45.000 EUR bis 57.000 Euro. Von diesem Honorar fallen auf die Teilleistung "Dokumentation des Bauablaufs (Bautagebuch)" je nach HOAI-Kommentar 0,4% bis 0,7%, also liegt der Preis zwischen 180 Euro bis 400 Euro. Die Gesamte Bauleitung kostet aber 32% also zwischen 15.000 und 18.000 EUR. Der Bauleiter muss in dieser Leistungsphase 8 für die mängelfreie, sach- und vertragsgemäße Fertigstellung des Bauwerks sorgen, was eine der schwierigsten und aufwendigsten Arbeiten überhaupt im Tätigkeitsfeld der Ingenieure ist. Aus diesem Grund wird die Leistungsphase 8 mit 32% relativ hoch vergütet.

Wo gibt es PDF Vorlagen oder Apps für das Bautagebuch?

Die Dokumentation in einem Bautagebuch kann in Form eines Vordrucks oder einer PDF-Vorlage oder auch digital über eine App zum Beispiel der Bautagebuch Mobile App erfolgen. Der Vorteil von Apps ist, dass die gleichbleibenden Daten, wie z.B. Firmennamen oder Projektbezeichnung nur einmalig eingegeben werden müssen, und dass Texte automatisch vervollständigt werden können oder Textblöcke hinterlegt werden. Außerdem können Berichte kopiert werden und so muss an ähnlichen Tagen nicht immer alles erneut eingegeben werden. Und Fotos werden automatisch an der richtigen Stelle in den Bericht integriert, ohne dass man sich um Formatierungen kümmern muss.

Im Internet gibt es viele Vorlagen für das Bautagebuch zum Download, meistens handelt es sich dabei um eine einzelne Seite pro Tag, in die dann die jeweiligen Tagesdaten eingetragen werden müssen. Manche dieser Bautagebücher sind auch physische Blöcke mit Durchschlagpapier, eine gute Möglichkeit für Nostalgiker oder hartnäckige Digitalverweigerer. Einen kostenfreien Vordruck mit den Rubriken aus dem Bautagebuch Mobile können Sie hier herunterladen: Bautagebuch PDF Vordruck zum Download

Apps für iPhones und Android-Smartphones gibt es im AppStore und in Google Play. Sie sind im Gegensatz zu den Vordrucken im PDF-Format sehr komfortabel, aber die Vielzahl der Angebote macht es schwierig für den eigenen Bedarf die geeignete App zu finden. Wichtigstes Kriterium bei Apps ist, dass sie entweder bereits alle Funktionen zum Drucken und Verteilen der Berichte per Email integriert haben (selten), oder die Synchronisierung mit einer Desktopversion einwandfrei und komfortabel funktioniert.

Fazit

Ein Bautagebuch hat den Zweck, das Baugeschehen mit allen wesentlichen Einzelheiten zuverlässig und beweiskräftig festzuhalten.

In ihm werden die Vorgänge auf der Baustelle regelmäßig dokumentiert. So sind entscheidende Abläufe und Ereignisse während der Entwicklung der Bauwerks nachvollziehbar. Falls es nach Fertigstellung des Gebäudes zu Mängeln kommt, dient das Bautagebuch als erste Anlaufstelle bei der Suche nach Verantwortlichen.

Geführt wird das Bautagebuch normalerweise vom Architekten oder dem Bauleiter, nämlich dann wenn er die Leistungsphase 8 nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) in Auftrag hat.

Generalunternehmer, Bauträger und private Bauherren, sind nicht verpflichtet ein Bautagebuch zu führen. Da es bei einem Bauwerk sowohl um viel Geld geht, als auch ein erhöhtes Risiko für Mängel besteht, ist es in diesem Fall sinnvoll, den Ablauf der Baustelle selber umfassend zu dokumentieren.

Die Kosten für ein Bautagebuch belaufen sich auf nur 0,4 bis 0,7 Prozent des gesamten Architektenhonorars, was zunächst relativ wenig erscheint. Aber das Führen des Bautagebuchs kann nicht als isolierte Schreibarbeit betrachtet werden, sondern ist als Teilleistung in die Gesamtleistung der Bauüberwachung eingebettet. Diese stellt mit fast einem Drittel des gesamten Architektenhonorars einen Schwergewicht in den Aufgaben des Architekten dar.